Mittwoch, 19. Oktober 2011

“Das Trennbankensystem wird nicht reichen“

Auf dem Weg zu Vollgeld

„Trennung zwischen klassischem und Investment-Banking - Entweder sparen oder spekulieren“ So die Süddeutsche vom 18.10.2011. Es wäre eine Rückkehr zum klassischen Bankensystem. Nach SPD-Chef Gabriel machen sich immer mehr Politiker und Finanzexperten für eine Trennung des Investmentbankings vom normalen Konto- und Kreditgeschäft stark. Die Sparer sollen nicht länger für spekulative Geschäfte aufkommen müssen. Doch das Trennbankensystem wird nicht reichen ...“ “  Und die Financial Times vom selben Tag: „.Befürworter wollen durch eine Aufspaltung verhindern, dass Kundeneinlagen durch riskante Geschäfte bedroht werden. Im Krisenfall müssten die Banken gerettet werden, weil etwa die Ersparnisse von Privatkunden in Gefahr sind – womit der Steuerzahler letztlich risikoreiche Aktivitäten der Geldhäuser mit stützt.“
Das heißt nun: Das Investmentbanking – das Emissionsgeschäft der Banken mit Wertpapieren wie Aktien oder Staatsobligationen - darf und kann dann nicht mehr auf Kredite aus Ersparnissen (Darlehen)  zurückgreifen, sondern muss sich anderweitig finanzieren. Aber wie ist das möglich, wenn nicht von irgendwo Außen Finanzierungsmittel eingebracht werden?  Schon jetzt. Denn diese Möglichkeit muss es ja schon geben, wenn eine Rückkehr zum klassischen Bankensystem überhaupt angepeilt werden kann. Allein schon aus dem Grund geben muss, dass ein Wachstum der  aggregierten Bilanzsumme des gesamten Bankensystems nur aus der Zirkulation von einer konstanten Geldmenge  nicht möglich ist.
Was damit bestätigt wird, ist die Erkenntnis, dass die Investmentbanken das Geld für ihre Emissionsgeschäfte selbst schaffen. Die Investmentbanken schöpfen ihr Geld durch Verlängerung der Bankbilanz, in dem auf deren Aktivseite  jene Schuldner – auch die Staaten - mit ihren Verbindlichkeiten  verbucht werden, die von den Banken selbstgeschöpfte Kredite aufnehmen, denen  auf der Passivseite jene Gläubiger, die  als Geldvermögen  jene Forderungen  akzeptieren, die dazu als Gegenbuchung entstehen.
Der Vorschlag zur Einführung eines Trennbankensystems geht somit von der Erkenntnis aus, dass die Bildung von Ersparnissen nicht – wie üblicherweise behauptet –  die zwingende Voraussetzung für die Vergabe von Krediten ist. Eine Geldschöpfung erfolgt auch  im  derzeitigen Universalbankensystem.
Wieweit jedoch auch in einem Trennbankensystem die Investmentbanken in den Bereich der Geschäftsbanken hineinwirken  können, bleibt offen.  Es ist aber ein erster Schritt hin zur Einführung von „Vollgeld“, bei dem die ganze Geldschöpfung  in eine Institution des Staates im Verfassungsrang,  die „Monetative“,  zurückgeführt wird. Womit die gesamte Kreditvergabe vom Staat kontrolliert und so gesteuert wird, dass für spekulative Transaktionen möglichst keine Mittel zur Verfügung stehen.

Ernst Dorfner, 18.10.2011

Montag, 6. Juni 2011

Geld: Schuldentilgungsmittel, nicht Tauschmittel




Zum Beitrag von Bernd Senf
Bankgeheimnis Geldschöpfung (2009)
http://www.monetative.de/wp-content/uploads/bernd-senf-bankgeheimnis-geldschopfung-apr-09.pdf




1.
Es mag befremdlich und kontraproduktiv erscheinen, wenn ich als Unterstützer der Intiative „Monetative“ die Frage stellen, ob denn die Protagonisten dieser Initiative das Wesen unserer Kredit/Geldwirtschaft wirklich ganz erkannt haben. Ich meine Nein. Und halte deshalb dafür, dass dies notwendig ist, um das Projekt der Einführung von Vollgeld möglichst widerspruchfrei darstellen und vermitteln zu können. Wobei der Kern der Sache die Geldschöpfung durch Geschäftsbanken ist.


Um diese Sache kreist auch Bernd Senf in seinem Beitrag „Bankgeheimnis Geldschöpfung“. Wobei er mit der Problematik von Zins und Zinseszins beginnt:
„Die Problematik des Zinssystems soll hier nur ganz kurz angedeutet werden. Der scheinbar selbstverständliche Zins und Zinseszins lässt die Geldvermögen exponentiell … anwachsen. … Denn das Anwachsen der Geldvermögen hat zur Grundlage (und treibt hervor) ein entsprechendes Wachstum der Schulden irgendwo anders im Gesamtsystem: bei privaten Unternehmen, privaten Haushalten und beim Staat innerhalb eines Landes oder im Ausland.
….. Die Schulden sind das Spiegelbild der Geldvermögen, …. Exponentiell wachsende Zinslasten, die aus dem jährlichen Sozialprodukt aufgebracht werden müssen, können von den Schuldnern im Durchschnitt immer weniger erwirtschaftet werden, weil in ein Welt begrenzter Ressourcen und Absatzmärkte ein exponentielles Wachstum der Realwirtschaft auf Dauer nicht möglich ist. ….
Weil die Geldvermögen trotzdem weiter wachsen wollen, suchen sie - vermittelt durch Banken, Investmentfonds oder Hedgefonds - ihr Glück an den spekulativen Finanzmärkten ….
Dies alles wurde seit Anfang der 80er Jahre möglich, seitdem der Neoliberalismus und die Fanatiker der Globalisierung begannen, alle traditionellen nationalen Beschränkungen spekulativen Kapitalverkehrs nieder zu reißen und dies als Weg zum weltweit wachsenden Wohlstand propagierten.“ (S. 1ff)

 
Und nun die Frage von Senf.:
“Wo kamen die Unsummen von Geldern her, mit denen die Spekulationsblasen aufgepumpt wurden, wer hat sie wie geschöpft und in Umlauf gebracht? Und wo sind die Quellen für die ganzen Rettungsschirme und Konjunkturpakete in Billionen-Höhe? ….“

Und dessen Antwort:
„ Der Art und Weise der Geldschöpfung kommt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung als Krisenursache bzw. als verstärkender Faktor zu. Um so erstaunlicher ist es, dass  die Geldschöpfung durch Jahrhunderte hindurch und bis heute eines der bestgehüteten Bankgeheimnisse war und ist - und eines der folgenschwersten. Im Folgenden soll grob skizziert werden, wie und woraus sich die Geldschöpfung entwickelt hat und auf welche Weisen sie immer wieder verschleiert wurde.“ (S.2)

Aus diesem Erklärungsversuchen wird man nun aber nicht recht schlau. Was ist hier das Alpha? Und was das Omega? Warum verschuldet sich überhaupt wer woanders? Treibt das Wachstum der Geldvermögen das Wachstum der Schulden an? Oder setzt das Wachstum des Geldvermögens das der Schulden voraus? Und wie können die Zinslasten in Form von Geld aus dem Sozialprodukt in Form von Gütern aufgebracht werden? Wo doch Geld nicht produziert wird und werden kann. Und wenn auch die Geldvermögen wachsen wollen: Sie sollen das wollen! Doch es geht nicht um das Wollen, sondern das Müssen. Das alles bleibt verborgen.

Des Rätsels Lösung für Senf: Die Geldschöpfung der Banken!

Aber auch diese Einsicht hat, hat, wie es scheint, nur mit der Geldsphäre etwas zu tun, aber nichts mit der Realsphäre, der Erzeugung und den Vertrieb von Waren. Hier könnte Senf, der der Freiwirtschaft anhängt, von Silvio Gesell durchaus in der Fragestellung etwas lernen. Denn dieser hat erkannt: ”Die Ware wird mit Geld gekauft und, mit Urzins belastet, an den Konsumenten gegen Geld wieder verkauft.”  Gesell spricht also in der NWO davon, dass 1. die Verkaufspreise über den Einkaufspreisen liegen, d.h., -höher sein müssen als die Einkaufspreise, um den Zinstribut überhaupt zahlen zu können. Und 2. - wenn auch nicht explizit und voll bewusst - von der Zeit, die zwischen Kauf und Verkauf liegt. Mit dem Faktor „Zeit“ wird aber erst aus „Schulden“ mehr als ein Wort. Es wird daraus ein in die Analyse unbedingt einzubringender Faktor. Schulden sind ja nur in der Zeit möglich und notwendig.

Wie dieses Mehr zwischen Verkauf und Kauf ihm nun möglich erscheint, auf diese Frage hat aber auch Gesell nur eine Antwort gegeben, die ihn offensichtlich selbst nicht recht befriedigt. So schreibt er ursprünglich in „Die neue Lehre vom Geld und Zins“ im Haupttext (S. 214), um es später dann in der 4. Auflage der NWO (S. 338) in eine Fußnote zu verbannen: „Dieses Mehr, aus dem Urzins bestehend, verschafft sich der Produzent dadurch, dass er mehr Waren produziert und verkauft, als er kauft. Das Mehr, das so die Produzenten erzeugen, wird von den Geldbesitzern für persönlichen Bedarf gekauft, und zwar gerade mit dem Geld, das sie als Zins erheben.“

Eine so erhöhte Nachfrage ermöglicht zwar erhöhte Preise, gibt jedoch keine Antwort auf die Frage, wie die Geldvermehrung stattfindet. Es wird nur gezeigt, dass die Geldbesitzer in einer stationären Wirtschaft mit zusätzlichem, aber offensichtlich schon vorhandenem Geld auf das erzeugte Produkt zugreifen und damit durch eine höhere Nachfrage in Geld die Preise hochtreiben. So können die Arbeitenden mit ihren Geld-Einkommen nicht mehr ihr volles Produkt erwerben, da die Summe der Preise nun höher ist als die Summe ihrer Einkommen. Es wird ihnen damit also das ‘Recht auf den vollen Arbeitsertrag’ entzogen. Jedoch nicht erklärt werden kann damit das Wachstum der Geldvermögen, die Akkumulation von Geld – und das Wachstum der Wirtschaft. Was in Form der Zinsen wieder an die Geldbesitzer zurückfließt, sind ihre eigenen Ausgaben.


2.
Die Frage, wo das zusätzliche Geld, das für de Zinsen zu zahlen ist, herkommt ist daher von den Freiwirten bislang nicht schlüssig beantwortet. Bernd Senf bemüht sich allerdings in seinen „AufklArungsschriften“ darum: Er hat sie in der Geldschöpfung der Geschäftsbanken gefunden. So schreibt er in seinem Beitrag „Geheimnis Geldschöpfung“ zuerst einmal:
„Das Bankgeheimnis Geldschöpfung verdeckt die Fragwürdigkeit, dass die Banken für aus dem Nichts geschöpftes Geld von den Kreditnehmern Zinsen und Tilgung fordern - und bei Nichterfüllung auf das beliehene Eigentum der Schuldner - wie zum Beispiel Immobilien - zurück greifen und es zwangsversteigern lassen. Auf diese Weise verlieren überschuldete Schuldner zuweilen das Dach über dem Kopf und den Boden unter den Füßen. Diese Konsequenz kann auch ganze überschuldete Länder (zum Beispiel der Dritten Welt) treffen, so dass die Gläubiger die Kontrolle über Menschen und Ressourcen bekommen. Die zugrunde liegende Abfolge "Kreditbedarf - Verschuldung und Enteignung" zieht sich wie ein roter Faden, wie ein Thema mit Variationen durch einige Tausend Jahre Geldgeschichte, aber sie wird besonders grotesk, wenn die Mittel zur Kreditvergabe - wenn auch in gewissen Grenzen - aus dem Nichts geschöpft werden. Man kann diesen Zusammenhang auf einen kurzen Nenner bringen: Mit selbst geschöpftem Geld - kaufen sie die Welt.
Und sie tragen auf diese Weise mit dazu bei, dass die exponentiell wachsenden Forderungen der Geldvermögen ermöglicht werden durch entsprechend wachsende Verschuldung, für die immer wieder Kredite bereit gestellt und Schuldner immer tiefer in die Schuldenfalle gelockt oder getrieben werden, so dass eine wachsende Zahl von ihnen zusammen brechen muss.“ (S. 13)

Die Banken schöpfen Geld aus dem Nichts. Dieser Feststellung kann zugestimmt werden. Aber warum schöpfen sie Geld? Weil es Wirtschaftssubjekte gibt, die Kredite brauchen! Wozu aber brauchen sie diese? Nur um Zinsen zahlen zu können, und das Geldvermögen so zu vermehren? Und da die Kredite auch wieder verzinslich sind, sind auch darauf Zinsen zu zahlen, die wieder mit Krediten finanziert werden? Und so weiter….
Wie sich dabei die Abfolge "Kreditbedarf - Verschuldung und Enteignung" wie ein roter Faden durch einige Tausend Jahre Geldgeschichte“ erstrecken kann, diese Frage bleibt außen vor. Die Kontrolle über die Kreditnehmer müsste ja schon längst vollständig sein, diese längst schon ihre Stellung als Rechtspersonen, eines Kreditnehmer, verloren haben. Also ist zu fragen: Wer – welche Rechtsperson – nimmt die Kredite auf, nur um die Zinsen begleichen zu können?
Sehr erhellend sind diese Darlegungen also nicht.

3.
Woher das Geld für die Zinsen – und auch für den Gewinn – kommt, ist immer noch nicht beantwortet. Und sie kann auch solange nicht schlüssig beantwortet werden, wie unsere Wirtschaft als Tauschwirtschaft betrachtet wird, und das Geld als Tauschmittel, nicht aber die Rolle des Kredits konsistent beschrieben wird. Kredit ist nämlich in einer Tauschwirtschaft grundsätzlich nicht erforderlich. Der Kredit steht ja offensichtlich mit der Vermehrung von Geld und Geldvermögen im Zusammenhang, bringt also etwas Zusätzliches, was ja ein Darlehen nicht tut: Hier gibt nur ein Anderer das aus, was der Eine nicht ausgibt. Die gesamte Geldmenge bleibt gleich groß.

Die ganz entscheidende Frage ist eine ganz einfache – und deshalb auch kaum gestellt wird. Nämlich: Was kann in dieser vermeintlichen Tauschwirtschaft denn überhaupt getauscht werden? Muss da nicht etwas da sein, das vorher schon produziert wird? Und nun fertig zum Tausch bereitliegt? Es geht um die Zeit. Um die Zeit vor dem Tausch, in der bereits Geld für Investitionen erforderlich ist, das, wenn es nicht oder nicht ausreichend beim Investor vorhanden ist, aus Krediten kommen muss. So recht gesehen, spricht Senf jedoch nur von Konsumkrediten, nicht aber von Investitionskrediten. Die Frage der Investitionen findet sich in seinem Beitrag überhaupt nur drei Mal in nicht-eigenen Gedanken, davon zwei Mal in der Wiedergabe von Darlegungen von H.Ch. Binswanger und einmal im Bezug auf Adam Smith, wonach „Investitionen […] demnach nur möglich schienen auf der Grundlage voran gegangenen volkswirtschaftlichen Sparens und des Anhäufens von Geldvermögen.“ (S. 6)

Senf stimmt dem nicht zu, erklärt aber auch nicht, dass es keine Akkumulation von Geld geben kann, solange immer nur das bereits vorhandene rezikliert wird. So greift Senf auf Binswanger zurück, der schreibt: „Volkswirtschaftliches Sparen [..] ist nicht mehr allein die Voraussetzung für Investitionen und Wirtschaftswachstum, sondern das aus dem Nichts geschöpfte und als Kredit in Umlauf gebrachte ("emittierte") Geld schaffte in den Händen der Kreditnehmer zusätzliche Nachfrage und mobilisierte auf diese Weise ein Produktionspotenzial, das ohne die Geldschöpfung brach gelegen hätte. Erst wenn die Geldschöpfung das Maß des Produktionspotenzials übersteigt, entsteht die Gefahr einer Inflation.“ (S. 5),

Wenn dazu Senf weiter meint,
“Insofern könnte man dem Bankensystem das Verdienst zusprechen, dass es mit der Geldschöpfung zur Entfesselung der Produktivkräfte wesentlich beigetragen und sie in diesem Ausmaß erst ermöglicht hat. So wurde es auch oft würdigend dargestellt: Das Bankensystem habe die zum Wachstum erforderliche "Liquidität" bereit gestellt. Aber wie und mit welchen Konsequenzen, was den Einfluss und die Macht der Banken anlangt, wurde kaum jemals hinterfragt. Und schon gar nicht, ob es dazu vielleicht Alternativen geben könnte, die weniger problembehaftet sind. Hans Christoph Binswanger ist einer der wenigen Ökonomen, die den Zusammenhang zwischen Geldschöpfung und Wirtschaftswachstum kritisch aufgezeigt haben.“, (S. 5)
Senf aber  erkennt hier nicht den Wesenskern der Aussage von Binswanger. Nämlich den, dass unserer Wirtschaft keine Tauschwirtschaft ist, sondern eine Investitionswirtschaft, in die zuerst Geld hineingesteckt werden muss, also die Produktion vorfinanziert werden muss, damit Produkte überhaupt erzeugt werden können. Erst jetzt, wo die zur Produktion notwendige Zeit ins Spiel kommt, wird Verschuldung und Kredit konsistent erklärbar. Der Kredit ermöglicht in einer Gesellschaft von Eigentümern den Zugriff auf fremdes Eigentum, ohne gleich eine Gegengabe hierfür zu haben, sondern um etwas schuldig zu bleiben. Schulden zu machen.
Dass „das Bankgeheimnis Geldschöpfung die Fragwürdigkeit verdeckt, dass die Banken für aus dem Nichts geschöpftes Geld von den Kreditnehmern Zinsen und Tilgung fordern - und bei Nichterfüllung auf das beliehene Eigentum der Schuldner - wie zum Beispiel Immobilien - zurück greifen und es zwangsversteigern lassen“ (S. 13), diese Fragwürdigkeit mag für die Zinsen gelten, aber sicher nicht für die Tilgung des Kredites.
Übrigends: Die Schöpfung von Kredit und Geld aus dem Nichts ist so rätselhaft nicht. Sie ist es nur dann, wenn man von einem Tauschmittel Geld als Dinggeld, als etwas Materielles ausgeht, das so einfach vorhanden ist. Und als Kredit verliehen werden kann. Aber Kredit ist zuerst einmal etwas Nichtmaterielles, ist eben Vertrauen, das man hat – oder nicht. Und so wie man Verdacht schöpfen kann, kann man auch Vertrauen schöpfen.
Mit Vertrauen kann man aber auch leichtfertig umgehen: Hier ist die Ursache der Bankenkrise zu suchen.


4.
Die Produktion in einer hochkomplexen hierarchisch strukturierten arbeitsteiligen Industriewirtschaft in einer Gesellschaft mit privatem Eigentum ist ohne Zugriff auf fremdes Eigentum kaum möglich, womit etwas schuldig bleiben, Verschuldung, mit in die systemische Betrachtung einzubeziehen ist. Schulden hängen also zuerst einmal nicht am Geld, sondern am Kredit des Schuldners, an dem Vertrauen, das er genießt. Schulden und Kredit sind schon im vormonetären Bereich da, werden aber mit Bankenkredit und Geld erst logistisch breit einsetz- und handhabbar. So werden auch mit Vollgeld Schulden nicht verschwinden, sind sie doch ein konstituierendes Element unserer Investitionswirtschaft. Über einen Bank-Kredit werden diese Schulden auf der anderen Seite der Bilanz zu Geld. Und dort zu Geldvermögen, wo diese Schulden erst langfristig getilgt werden (können). Hohe Geldvermögen sind also Folgen langfristig abschreibbarer Finanzierung von Investitionen, wobei aber die Qualität zu hinterfragen ist. Eine mangelnde Qualität von so mancher Investition ist nicht zuletzt die Ursache der gegenwärtigen Bankenkrise.


Hier ist nun auch noch ein Wort zum Begriff „Geldumlauf“ zu sagen: Wenn mit dem Kredit die Erzeugung eines Gutes vorfinanziert wird, also hierfür Schulden gemacht werden, dann werden mit den Geldeinnahmen beim Verkauf des Gutes diese Schulden wieder getilgt. Da aber mit den Geld aus den Krediten die fertigen schon früher hergestellten Produkte anderer Produzenten gekauft werden, werden deren Schulden getilgt, und nicht die des Kreditnehmers. Dieser muss darauf warten, dass sich auch für sein Produkt ein Käufer findet, der für den Kauf einen neuen Kredit aufnimmt.


Hier liegt nun ein bedeutender Unterschied zu dem, was Bernd Senf in „Der Nebel um das Geld“ schreibt. Dort heißt es:
„Gehen wir also für die weiteren Überlegungen davon aus, dass die Zentralbank Geld nur an diejenigen Unternehmen ausgibt, die Gewinne erwarten lassen, weil den Gewinn als geeigneten Maßstab der wirtschaftlichen Leistungen eines Unternehmens betrachtet. Wie kann gewährleistet werden, dass die von den Unternehmen gegenüber der Zentralbank vorgetragenen Gewinnerwartungen nicht irgendwelchen Phantasien entspringen oder bewusst vorgetäuscht werden, nur um an das Geld he zukommen? Um dieser Gefahr vorzubeugen, werden die Unternehmen gleichzeitig der Geldausgabe verpflichtet, nach einem bestimmten Zeitraum das Geld an die Zentralbank wieder zurückzuzahlen. Mit anderen Worten: Das Geld wird ihnen nur für eine gewisse Zeit geliehen - als Kredit. Und für den Fall, dass die Unternehmen den Kredit nicht zurückzahlen, drohen ihnen Sanktionen, bis hin zum Konkurs. Zur Rückzahlung sind die Unternehmen normalerweise aber nur dann in der Lage, wenn sie durch den erfolgreichen Absatz der Produkte am Markt für entsprechende Rückflüsse von Geld sorgen. Die Verpflichtung zur Kreditrückzahlung zwingt also die Unternehmen zur Marktorientierung. Durch die Rückzahlung der Kredite fließt das Geld, das von Zentralbank in Umlauf gebracht wurde, wieder an die Zentralbank zurück, nachdem es die Produktion in den Unternehmen vorfinanziert hat, zu Einkommen bei den Haushalten geworden ist, als Nachfrage nach Konsumgütern von den Haushalten wieder verausgabt wurde, und als Erlös wieder bei den Unternehmen landet.
Abb. 70 stellt diesen Zusammenhang für die gesamte Volkswirtschaft (in unserem Beispiel Unternehmen A + B) dar, diesmal unter Berücksichtigung des Zeitraums, der zwischen Geldausgabe und Geldrückfluss liegt, t1 bezeichnet die erste Phase des "Zuflusses", t2 Phase des Rückflusses.


Diese Ausführungen erwecken nun den Anschein, dass es sich um das gleiche Geld handelt, das ursprünglich mit dem Kredit aufgenommen wurde, mit dem wie mit einem Werkzeug herum gewerkt wird und dabei das Geld in der Zeit vorwärts fließt bis zur Tilgung des Kredits mit dem nämlichen Geld. Das aber ist so gar nicht möglich. Senf hält ja auch fest, dass , nachdem es (das Geld) die Produktion in den Unternehmen vorfinanziert hat, zu Einkommen bei den Haushalten geworden ist, als Nachfrage nach Konsumgütern von den Haushalten wieder verausgabt wird. Es werden also damit Produkte gekauft, die schon früher erzeugt wurden, und nun fertig am Markt sind.


Um nochmals zu sagen: Geld fließt in die Vergangenheit zurück, um die dort aufgenommenen Schulden zu tilgen. Geld ist daher immer ein Schuldentilgungsmittel.


All das gilt auch für Vollgeld. Auch mit Vollgeld müssen für die Produktion aufgenommene Kredite, also Schulden, getilgt werden. Auch Vollgeld läuft damit vom neuen Kreditnehmer zum alten Kreditnehmer zurück, läuft wie jedes andere Geld zurück. Es läuft damit nicht um und ermöglicht so eine neue Investition in eine Produktion. Diese erfordert eine neue Kredit-aufnahme.


Auch Vollgeld ist nicht schuldenfreies Geld.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Vom Reichtum und von der Lohnarbeit

Lohnarbeit als kapitalistische Kategorie



Der Reichtum  weniger ruht auf der Armut vieler“. Auf Basis dieser Meinung wird Politik gemacht. Diese Ansicht ist insoweit ideologisch begründet, als in den Industrieländern der Reichtum weniger die Voraussetzung für den Wohlstand vieler – wenn nicht schon aller – ist. Der Reichtum Ludwig XiV oder Peter des Großen manifestiert sich in Prunkpalästen, die von der Bevölkerung in Schinderarbeit zu einem Schinderlohn errichtet wurden. Eine Verbesserung deren Lebenslage konnte aber mit diesem Prunk nicht erreicht werden. Im Gegenteil: Von der Erzeugung der unabdingbaren „Lebens“mittel wurden noch Arbeitskräfte abgezogen.
Der Reichtum der Oberschicht in den Industrieländern gründet dagegen mehrheitlich  in Werksanlagen, Geräten, Einrichtungen, die vielen Beschäftigung geben, mit der nun die Existenzmittel mit einer  unvergleichlich höheren Effizienz und weniger Anstrengungen der Arbeitenden produziert werden.  Im Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern, in denen der Reichtum der Potentaten und einer Oberschicht gerade nicht in  Produktionsanlagen im eigenen Land erscheint.

Dieser Reichtum ist dabei - entgegen der weitverbreiteten Ideologie - notwendige Voraussetzung dafür, dass heute mit so hoher Effizienz produziert werden kann.  Denn nur ihr Reichtum erlaubt den Reichen, grundsätzlich jene Mittel zu investieren, die für die Finanzierung risikobehafteter Investitionen in den technischen Fortschritt erforderlich sind. Es ist ihr Reichtum, der ihnen erlaubt, einen Teil davon auf das Spiel zu setzen, zu riskieren. Ein Spiel, das sie allerdings nur in der Hoffnung auf einen Gewinn, aus Geld mehr Geld zu machen, spielen. Und nur dieses Streben nach noch mehr veranlasst die Reichen, die Spieleinsätze durch Einsatz von Schuldscheinen immer weiter zu erhöhen. Sie spielen dabei nicht gegen die Nicht-Reichen, sondern gegen andere Reiche. Die Spielgewinner präsentieren dann diese Schuldscheine den Ausstellern, die Gläubiger den Schuldnern.  Denn insgesamt kann die Mehrheit der Reichen nur dann Gewinne machen, wenn in diesem Spiel von allen Reichen immer höher  gesetzt wird.
 
Die Einkommen der Nicht-Reichen, die von ihrer Arbeit leben, sind allerdings in ihrer Höhe davon abhängig, in welchem Ausmaß die  von ihnen ins Spiel geworfenen Einsätze in Realinvestitionen münden. Die Arbeitenden teilen diese Spieleinsätze in Realinvestitionen als ihr Einkommen jedoch nicht mit den Kapitaleinkommen - so wie immer vermittelt wird. Die Kapitaleinkommen – die Gewinne und Zinsen – sind vielmehr der makro-ökonomische Überschuss  der neuen Einsätze über den vorangegangenen Spieleinsätzen, und zwar unabhängig davon, ob dieser in Real- oder Finanzinvestitionen fließt. Das Spiel ist somit kein Nullsummenspiel, sondern eines um eine Positivsumme. Wobei diese  Kapitaleinkommen eben deshalb wesentlich stärker wachsen als die Arbeitseinkommen, weil eben nicht nur die Realinvestitionen dieses bestimmen.

Es muss festgehalten werden: Die Lohnarbeit ist eine kapitalistische Kategorie.  Der Reichtum einer Oberschicht  ist notwendig, um die Lohnarbeit vorzufinanzieren. Dort, wo es keine Vorfinanzierung des Lohnes gibt, gibt es keine Lohnarbeit. Über diese Vorfinanzierung kann der Lohnarbeiter schon heute konsumieren,  auch wenn sein – meist konsumfernes - Produkt erst morgen oder übermorgen fertig wird - und vor allem dann erst verkauft werden muss. Das damit einhergehende Risiko, keinen Käufer zu finden, bleibt am Vorfinanzierer, am Kapitalgeber,  hängen. Das wird allen jenen Arbeitenden deutlich bewusst, die ihr Einkommen nicht aus einem Lohnarbeitsverhältnis beziehen, sondern aus einer Scheinselbständigkeit. Sie  müssen dann auch ihre eigene Lebenshaltung so lange vorfinanzieren, bis sie ihr Produkt gegen Geld verkauft haben.  Müssen hier also  etwas tun, was bei der Lohnarbeit dem Arbeitgeber zufällt. 

Der Geldlohn  wird durch diese Risikoübernahme eine das System formende Kategorie. Denn durch eben diese Risikoübernahme hält der Vorfinanzierer  ein  Disziplinierungsmittel gegenüber den Lohnempfängern in der Hand. Damit aber kann er eine zielgerichtete Zusammenarbeit der Lohnempfänger herbeiführen, die sie von sich aus nicht schaffen würden. Zu unterschiedlich sind ja die Einzelmeinungen der Individuen, was mit einem Zusammenschluss in  Angriff genommen werden soll.  Mit der Lohnarbeit bestimmt das nun ein Einzelner, oder bestimmen das einige wenige.

Ohne Lohnarbeit kann dieser Zusammenschluss zu einer gezielten Vorgehensweise – wie die Geschichte zeigt – nur durch Zwang erfolgen. Die Kooperation in Form einer Ausrichtung auf  gemeinsame Ziele schafft  wiederum erst die Voraussetzungen, aus denen unser hochtechnische Zivilisationsbasis  hervorgehen konnte  - und weiter hervorgehen wird.  Um diese Kooperation herbeizuführen, bedarf es aber auch hier der Macht dazu.  Diese Macht vermittelt – so die allgemeine Wahrnehmung - zwangsfrei der Geldlohn.  
Es sind also nicht nur die Kapitalisten, die aus dem Kapitalismus einen Profit beziehen, sondern auch die Arbeiterschaft. Sie ist sich dessen - wahrscheinlich unbewußt - bewußt.  Darum wird auch das, was Christian Felber "Gemeinwohlarbeit" nennt, so wenig angenommen von denen, die von ihrer Arbeit leben. Es ist dies eben nicht Lohnarbeit.

Der einzelwirtschaftliche Gewinn eines Unternehmens ist der Überschuss der Erträge über die Aufwendungen.  Dieser Überschuss bestimmt maßgeblich den Geldwert eines Unternehmens, der aber kein in sich liegender, sondern von Außen - vom Markt - bestimmter  Wert ist.  Er ergibt sich auf den Kapitalmarkt bei Verkauf des Unternehmens, oder von Teilen davon. Und kann nur dann entstehen, wenn es andere Reiche gibt, die dem Verkäufer immer wieder ermöglicht, teurer zu verkaufen als sie gekauft hat. Nur so kann das Betriebsvermögen in Geld verwandelt werden.

Sind  nun aber im Gegensatz dazu  alle zugleich  Eigentümer, dann können allesamt ihr Kapital nicht mehr zu Geld machen, da ja dann den Verkäufern keine Käufer mehr gegenüberstehen.  Allesamt sind dann zwar reich, aber ihr Reichtum besteht in der Fähigkeit, für sich mehr und müheloser zu produzieren.
In diesem Land „Utopia“ kommt es aber dann zu einer Stagnation des technischen Fortschrittes, wenn alle Produktion nur den Konsumgütern gilt. Wenn aber weiter in diesen Fortschritt investiert werden soll, so ist zwischen den Wirtschaftsubjekten dieses Landes das Einverständnis herzustellen, wieviel und wohin investiert werden soll. Es waren das die Vorstellungen des Kommunismus. In der historischen Realität konnte das Einverständnis aber nicht hergestellt werden, mit dem Ergebnis, dass letzten Endes ganz oben ein Funktionärsklüngel diese Entscheidung treffen musste.

Da nun aber alles allein ganz oben bestimmt wurde, wurde das Risiko von Fehlinvestitionen nicht mehr auf viele Investoren verteilt, sondern kam es zu einer Zusammenballung dieses Risikos.
Letzten Endes teilen – und teilten – allesamt –mehr oder minder - das gemeinsame Produktionsergebnis, das zentralistisch festgelegt wurde. Ein Produktionsergebnis, das allen und zugleich niemanden zu Eigen war. Für den/die Einzelne(n) ist jedoch Vermögen mit der Selbstbestimmung über dieses verbunden. 

Samstag, 1. Januar 2011

INVESTIEREN ist nicht RESTE-Verwertung.

Vom Sparen, vom Investieren und vom Verteilen

Die Schulökonomie lehrt: Was nicht konsumiert wird, wird gespart, und was gespart wird, wird investiert.
S = I = Y - C.
So einfach soll das sein? Investitionen als Verwertung des Übriggebliebenem. Und auf dieser Resteverwertung baut der ganze technologische Vorsprung  auf, den die Industrieländer vorzuweisen haben??

Die vom neoklassischen Gleichgewichtsgeist getragene Vorstellung der klassischen Schulökonomie beschreibt  eine  stationäre Wirtschaft, die sich immer nur am gleichen Niveau in einem Kreislauf reproduziert. In dieser werden fertige  gegen fertige Produkte mit Hilfe des Geldes getauscht werden. Nur dazu braucht es hier Geld: Zum Tausch fertiger Produkte untereinander.  Die Einkommen, die dabei - unhinterfragt – entstehen, werden dann in  Lohneinkommen und Kapitaleinkommen aufgeteilt. Und hier entsteht nun das politische Bemühen, auf diese Verteilung Einfluss zu nehmen. Diese aber hängt in großem Ausmaß von der politische Stärke der Gruppen ab, in denen sich Arbeiter und Kapitalisten organisieren.

Diese Überlegungen weisen den Mangel auf, dass es fertige Produkte braucht, die getauscht werden können. Wann und wie diese Fertigung allerdings erfolgt, dazu gibt es in dieser Theorie keine  Antwort.

In der Realität geht es  also zunächst  um die Logistik einer  hochproduktiven und hocharbeitsteiligen  Wirtschaft, wie wir sie kennen, eine die sich zwischen der Bereitstellung von Rohstoffen – etwa Eisenerz – und einem augenscheinlich  ganz einfachen Konsumprodukt – etwa einer Semmel – aufspannt.  Diese hierarchisch strukturierte Realwirtschaftist  ist nicht zuletzt davon bestimmt, dass diese Prozesse   in einer Gesellschaft mit privatem Eigentum  ablaufen.  Um überhaupt etwas fertigen zu können, braucht es ja immer  den Zugriff auf fremdes Eigentum. Wird mit diesem Zugriff nicht zugleich eine Gegengabe erstattet, so entstehen Schulden.  Wo es aber Schulden gibt, gibt es auch das Bemühen, davon wieder loszukommen. Das logistische Zusammenspiel von Verschuldung und Entschuldung läuft dabei über das Geld. Geld dient als Tilgungsmittel von Schulden, die aber schon im vormonetären Bereich entstanden sind – oder sein können.
Die Möglichkeit des Zugriffs auf fremdes Eigentum hat deshalb auch die Voraussetzung, dass am Ende der ganzen Produktionsvorgänge etwas entsteht, womit die vorangegangenen, zum Endprodukt zugehörigen Schulden getilgt werden.

Solche Schulden entstehen nicht zuletzt auch durch den Zugriff auf Lohnarbeit. Und auch diese Schuld wird mit Geld getilgt: Mit diesem Lohngeld wiederum  – den unterschiedlichen Arbeitseinkommen – wird  dann auf die am Ende hervorgehenden Konsum-Produkte zugegriffen. Und zwar mit den Arbeitseinkommen, die auf  jeder  Hierarchiestufe entstehen.  Damit kann selbst der Lohnarbeiter in einer ganz konsumfernen Produktion – einem Stahlwerk etwa – auf  heute fertige  Konsumgüter – etwa die Semmel des Bäckers - zugreifen, obwohl sein eigenes heutiges Erzeugnis erst irgendwann später in irgend ein Konsumprodukt eingeht.

Es geht also zuerst einmal um Einkommensentstehung und nicht um Einkommensverteilung. Und damit um eine - von Periode zu Periode immer weiter steigende - Verschuldungsbereitschaft vorwiegend der Unternehmen, angetrieben vom allseitig gleichen Bemühen, aus Geld mehr Geld zu machen. Geld als manifester Inbegriff von Vermögen. "Money makes the world go round".

Lohneinkommen entstehen ja erst aus dieser Vorfinanzierung in jeder neuen Periode - und nicht aus der Verteilung der Einnahmen aus dem Verkauf der in der Vorperiode erzeugten und heute fertigen Waren. Nicht erst, sondern überhaupt.  Ohne *neue* Lohneinkommen in der laufenden Periode könnten ja die Konsumwaren aus der Vorperiode gar nicht gekauft werden. Das Geld fließt somit nicht vorwärts, sondern zurück zur Tilgung alter Schulden. Was vorwärts fließt, sind die immer weiter steigenden Schulden, wobei die alten Schuldner durch neue Schuldner abgelöst werden (müssen).

Von der Höhe der Verschuldung in der laufenden Periode hängt ab, ob in der Vorperiode ein makroökonomischer Überschuss, eine Null, oder ein Verlust als Kapitaleinkommen erwirtschaftet wurde.
Wobei  Lohneinkommen nicht nur bei der Konsumgüterfertigung entstehen, sondern dieser zeitlich vorgelagert bei der Fertigung von Investitionsgütern. All diese Lohneinkommen halten dann nach Konsumgütern Nachfrage. Diese wird also durch Kreditaufnahmen für Investitionen vergrößert. Diese Einsicht veranlasste Joan Robinson zur Feststellung: „Der Überschuss der Einnahmen aus dem Verkauf von Konsumgütern über deren Lohnsumme ist gleich der Lohnsumme im Investitionssektor. Die Gewinnspanne beim Verkauf der Konsumgütern hindert die Arbeiter daran, ihr gesamtes eigenes Produkt zu konsumieren und ermöglicht den Arbeitern im Investitionssektor, am Konsum teilzuhaben.“ (J. R., Über Keynes hinaus, 1967, S. 99).
Um das richtig zu interpretieren, sollten diese Aussagen unbedingt unter Beachtung der oben beschriebenen zeitlichen Abfolge gelesen werden.

Dieser Prozess ermöglicht nun aber auch ein *pro-aktives* Sparen, bei den von vorne herein ein gesamtgesellschaftliches Sparen erfolgt bzw. zugegebenermaßen hinterrücks zum Vorteil aller auferlegt wird.  Hier werden also Einzelne gleich vom Anfang an zu einer Teilhabe am bereits vorhandenen Sozialprodukt mit eingeladen, die ihre Arbeit und Können nicht in die Reproduktion des Ist-Zustandes einzubringen,sondern in den technischen Fortschritt. Ein Fortschritt, der in Zukunft ein ungleich größeres Produkt bei allgemeiner Verringerung der hierfür benötigten  Anstrengung hervorzubringen hilft. Wir reden hier also vom materiellen Gewinn durch das mit Trick "erzwungene" Sparen durch ein Teilen des materiellen Produktes zwischen den Arbeitern in der Konsumgüterzeugung und der Investitionsgüter-Erzeugung.
Dieses pro-aktive Sparen aber unterscheidet sich nun deutlich von dem *passiven* Sparen, von dem die Schulwissenschaft ausgeht. Hier wird nicht von vorne herein gespart, sondern darauf gewartet, was vom vorhandenem Sozialprodukt übrig bleibt, um dann erst investiert zu werden.  und erlaubt keinen gezielten technischen – und damit auch sozialen - Fortschritt. Dass dieser Fortschritt möglich wurde, ist nicht zuletzt dem Trick zu verdanken, dass eine gesamtgesellschaftliche basisdemokratische Abstimmung über das Ausmaß des Sparens – und damit Investierens – umgangen wurde, wenngleich es all diese stören wird, die einer möglichst breiten Verteilung  auf alle das Wort reden.

Wie Robinson nun aber auch festhält, gilt dieser obige Wirkungsweise auch für eine Wirtschaft, in der alles gemeinschaftliches Eigentum ist. Dann aber ist zu fragen, ob und wie bei gemeinschaftlicher Verfügungsgewalt über dieses Eigentum ein gezieltes Investieren möglich ist. Oder durch langwierige zeitaufwendige Abstimmungen aller Eigentümer stark verzögert bis verhindert wird.  Ob deshalb  diese Verfügungs- und Entscheidungsgewalt dann doch auf einige Wenige – einem Zentralkomitee – beschränkt werden muss, die dann auch über das ganze Produkt der Gemeinschaft und dessen Verteilung verfügt. Womit zwar theoretisch eine Gleichverteilung auf alle möglich erscheint, praktisch aber bislang das Gegenteil belegt wurde. Und des Weiterem:  Um bei dieser Zentralverfügung die Laune der Gemeinschaft zu erhalten, wird vorwiegend auf die Herstellung von Konsumgüter Bedacht genommen, die Investitionsbereitschaft also eingeschränkt, was aber letztlich zu bei einer weitgehenden Gleichverteilung des Sozialproduktes zu einer Verflachung des individuellen Arbeitseinsatzes führt. Und dann weiter zu einem geringen Produktivitätsfortschritt und zu einer niedrigen Produktinnovation.  Die DDR stellt mit dem „Trabant“ das reale Beispiel.  Und damit zu einem Zurückbleiben des – so genannten - materiellen Wohlstandes.

Für den allgemeinen Wohlstand maßgebende Frage ist daher nicht allein, wie gerecht oder ungerecht das Sozialprodukt verteilt wird, sondern auch, was an Sozialprodukt verteilt werden kann. Um es salopp zu formulieren:  Eine höchst ungleiche Verteilung des Sozialproduktes in einem reichen Industrieland kann dem untersten sozialen Segment mehr Wohlstand bringen als eine gerechte Gleichverteilung in einem armen industrieschwachen Land. Es geht langfristig auch – und nicht zuletzt – um die Frage, was an (sinnvollen) Realinvestitionen getätigt wird. Womit der Reichtum an Betriebsvermögen real steigt, aber der Reichtum in Geld nur solange, als die einen Reichen den anderen Reichen Betriebsvermögen am Vermögensmarkt mit Geld abkaufen. Bei einer Gleichverteilung dieser Betriebsvermögen auf alle aber gibt es diesen Markt nicht mehr, und damit auch nicht die monetäre Bewertung. Jetzt drückt sich der „Reichtum der Nation“ (A. Smith) allein in den hervorgebrachten Gütern aus.

Es geht also – und nicht zuletzt - um die fortwährende Akkumulation von Produktionsvermögen, ohne die das Niveau der verfügbaren Konsumgüter weit unter dem heutigen liegen würde. Wobei die ökologische Dimension dieses Prozesses nicht verkannt wird. Die Debatte um die Einkommensverteilung ist allerdings stark ideologisch eingefärbt.  Doch es geht nicht nur um Einkommen, die aus einer stationären  Konsumgüterfertigung (einschl. Erhaltungsinvestitionen) kommen, sondern auch um das Niveau der Konsumgüterfertigung, das von zusätzlichen – neu geschöpften - Krediten stammenden Geld für zusätzliche Investitionen bestimmt wird.  Zugleich aber erlaubt die aus diesem zusätzlichen Genld resultierende höhere monetäre Nachfrage nach den schon fertigen Konsumgütern nun aber auch Preise, die über den Gestehungskosten liegen und damit Gewinn und Zinsen möglich machen.

Die Kredit- und Geldschöpfung ist damit nicht nur Voraussetzung für das überproportionale Akkumulation von Geldvermögen, sondern auch von Realvermöge.  Dies allerdings nur, wenn diese zusätzlichen Investitionen in die Realwirtschaft fließen, nicht aber in die Finanzwirtschaft.

Ernst Dorfner
28.12.2010